Begegnungen mit Menschen sind der Mehrwert des Lebens.
Es sind die Begegnungen mit anderen Menschen, die uns wirklich reich machen, der Mehrwert des Lebens, das was uns inspiriert und wachsen lässt. Durch die Begegnung mit anderen Menschen lernen wir nicht nur etwas über unser Gegenüber, wir lernen auch immer etwas über UNS dazu. Wenn ich in einem ruhigen Moment zurückblicke, auf jene Erinnerungen, die ich als meine persönlichen Schätze betrachte, dann geht es nicht um eine Zahl auf meinem Konto, sondern um bereichernde Gespräche, gemeinsames Lachen, inspirierende Begegnungen. Und aus diesem Blickwinkel betrachtet, haben wir das große Glück in einem Beruf zu arbeiten, der uns reich macht, denn wir begegnen jeden Tag den unterschiedlichsten Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts, mit den unterschiedlichsten Hintergründen.
Ergotherapeut und Klient – eine wundervolle Symbiose
Oberflächlich betrachtet, kommen jene Menschen zu uns, um Hilfe, Unterstützung oder Beratung zu erhalten. Wir sind die Therapeuten und sie die Klienten. Doch nicht nur wir helfen unseren Klienten, sie helfen auch uns. Denn jede und jeder von ihnen teilt ein Stück seiner persönlichen Geschichte mit uns. Sie machen uns ein Geschenk. Jeder sein ganz eigenes, individuelles, meist ohne, dass sie es wissen. Manch ein Klient fordert unser fachliches Können und sorgt dafür, dass wir uns weiterbilden und Wissen vertiefen wollen, nur durch unsere Klienten sind wir in der Lage Praxiserfahrungen zu sammeln und jeden Tag zu wachsen. Aber das ist noch längst nicht alles, … Ihr lieben Klienten teilt eure Erfahrungen und eure Emotionen mit uns, es wird zusammen gelacht und geweint, es werden Erfolge gefeiert und gemeinsam aus Misserfolgen gelernt. Und nicht selten begegnet man in unserem Beruf einer Person, die einen so tief im Inneren berührt und dort etwas zum Klingen bringt, dass diese Begegnung uns ein Leben lang in Erinnerung bleibt. Ich möchte an dieser Stelle gern den Anfang machen und eine dieser, für mich so wertvollen Begegnungen, mit euch teilen.
Das Leben schenkt Weisheit und Dankbarkeit
Ich war gerade Ende zwanzig, mein sechs,- oder siebenundzwanzigster Geburtstag stand bald bevor, und auch wenn ich darüber heute schmunzeln muss, hatte ich damals wirklich Angst davor, Angst vor dem Altwerden. Ich habe mir so viele Gedanken gemacht, Gedanken über körperliche Veränderungen, Falten, Inkontinenz und all die Ungewissheiten. So kam es, dass ich in Tränen ausbrach, als eine meiner Klientinnen in einer Therapiesitzung mit mir darüber sprach, wie sehr sie sich auf das Älterwerden freue und das Altwerden zu können etwas ganz Wundervolles ist. Während sie mir also Tränen über die Wangen und Schnodder aus der Nase lief, widersprach ich ihr entrüstet, was bitte solle an diesem Prozess des Verfalles schön sein? Doch sie lachte nur, sie lachte mich nicht aus, sie lachte mich an und dieses Lachen kam tief aus ihrem Herzen, denn sie hatte durch ihren Lebensweg und ihre schwere Erkrankung etwas, das mir damals fehlte. Weisheit und Dankbarkeit. Sie wusste bereits, dass das Leben an sich ein Geschenk ist, eines das nicht selbstverständlich ist und dass sich dessen Wert nicht in Oberflächlichkeiten bemessen lässt. Nachdem ihr Lachen verklungen war, teilte sie ihre Weisheit mit mir. Sie sah mich direkt an, noch immer mit einem Lächeln im Gesicht und sagte mir, dass ich nicht nur von außen schön sei, sondern von innen und dass diese innere Schönheit im Alter nicht verloren geht, egal wie viele Falten ich nun haben würde oder nicht. In diesem Moment war ich nicht ihre Therapeutin, sie war meine.